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Black Pad DefektDie Herstellung gedruckter Schaltungen ist ein gut beherrschtes Verfahren und wird selbst von Hobby-Elektronikern seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet. Die feinen Strukturen heutiger Bauteile erfordern glatte Platinenoberflächen, um problemlos automatisch bestückt und im Reflow Verfahren gelötet zu werden. Zur Anwendung kommt dabei eine Beschichtung mit chemisch Nickel/Gold. Diese Technik birgt allerdings Risiken, deren man sich bewußt sein sollte. Ich hoffe, kurzfristig auch einige Photos zur Verfügung stellen zu können. Von der Produktion zum VersandIm Juli 2004 bestellte unsere Firma mehrere hundert Platinen für Ethernut 2.1 Rev-B, nachdem die zuvor gelieferten Prototypen erwartungsgemäß funktionierten. Die Prototypen waren mit Zinnoberfläche (HAL) bestellt worden, was für eine manuelle Prototypenfertigung ausreichend ist. Für die Serie waren dann Platinen mit chemisch Nickel/Gold als Oberfläche bestellt worden. Im Gegensatz zu den Prototypen wurden diese zusätzlich elektrisch gegen die Produktionsdaten (Gerberformat) getestet. Dann wurden die Leiterplatten an ein anderes Unternehmen zur Bestückung geliefert. Die automatische SMD Bestückung und das Löten im Reflow Ofen verliefen ohne Probleme. Auch als ein größerer Teil der Gesamtmenge anschließend manuell mit konventionellen Bauteilen bestückt und per Welle gelötet wurde, traten keine nennenswerten Schwierigkeiten auf. Abschließend unterzog der Bestücker die Boards einer visuellen Kontrolle. Dabei wurden die üblichen, geringfügigen Bestückungsfehler manuell korrigiert. Zusammenfassend verlief die Produktion erfreulich störungsfrei. Nach dem Eintreffen in unserer Firma wurden die Boards einer weiteren visuellen Prüfung unterzogen. Dabei werden u.a. Platinen mit leichten Kratzern gekennzeichnet, um diese später als zweite Wahl zu reduzierten Preisen anzubieten, soweit sie den automatischen Funktionstest überstehen. Bei diesem Schritt werden verschiedene Prüfprogramme auf das Board geladen, die jeweils einzelne Funktionen testen. Wurden alle Prüfungen erfolgreich absolviert, ist das Board nach dem Test mit der endgültigen Firmware geladen und bereit zum Verpacken und Verschicken. Wiederum traten keine besonderen Probleme auf und die ersten Ethernut 2.1 Rev. B wurden weltweit ausgeliefert. Natürlich erreichten nicht alle Boards diesen Status. Eines fiel beim Netzwerktest aus. Durch genauere Analyse des Problems fanden wir heraus, dass ein Pin am Ethernet Controller nur beim Berühren mit der Meßspitze Kontakt zum Pad der Leiterplatte hatte. Irgendwie alarmierend, aber in Einzelfällen nicht unüblich. Und doch war dies der erste Vorbote einer herannahenden Katastrophe. Schwarze PadsVersuche, den Pin nachträglich zu löten, mißlangen. Das Pad weigerte sich, Zinn anzunehmen und erzeugte ungläubiges Staunen, als wir entdeckten, dass dessen Oberfläche pechschwarz war. Ich setzte mich mit unserem Leiterplattenhersteller in Verbindung, dieser war aber nicht in der Lage, das Phänomen zu erklären. Wie üblich, lassen kleinere Hersteller die Vergoldung bei einem Partnerunternehmen durchführen. Sofort begannen wir damit, weitere Boards speziell auf diesen Defekt hin unter dem Mikroskop zu untersuchen, was zunächst keinen Erfolg brachte. Dann bemerkten wir, dass einige der größeren Aluminium Elektrolytkondensatoren leicht beweglich waren und sich mit wenig Kraftaufwand von der Leiterplatte lösen ließen. Darunter fanden wir wieder Pads, die fast vollständig schwarz waren. Nur die Ränder waren mit Zinn bedeckt. Eine ausführliche Suche im Internet ergab, dass es sich offensichtlich um den Defekt mit dem Namen "Black Pad" handeln mußte. Obwohl als allgemein bekannt bezeichnet, begegnete mir dieser Begriff zum ersten mal. Die Ursache des ProblemsWas war unseren Boards zugestoßen? Zuerst eine kurze Erklärung über das Aufbringen von Goldoberflächen auf Leiterplatten. In englisch wird das Verfahren Electroless Nickel / Immersion Gold genannte, abgekürzt ENIG, Im Gegensatz zum Aufbringen von Gold per Elektrolyse, brauchen die Stellen, an denen sich Gold ablagern soll, nicht alle elektrisch miteinander verbunden sein. Da keine Möglichkeit bekannt ist, Gold ohne Elektrolyse direkt auf Kupfer aufzubringen, wird in einem ersten chemischen Bad zunächst eine Nickeloberfläche angelegt. Einige Atome davon tauschen ihren Platz in einem zweiten Bad mit Goldatomen. Dabei kann es vorkommen, dass sich in der oberen Nickelschicht größere Konzentrationen von Phosphor ansammeln. Fatal ist, dass die beschichtete Platine keinerlei Abnormitäten aufweist. Erst beim Lötvorgang wandern die Goldatome in das Zinn und die Nickeloberfläche korridiert schlagartig. Sichtbar wird das graue bis schwarze Nickeloxyd. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, wodurch genau diese erhöhte Konzentration von Phosphor verursacht wird. Es gibt zwar Möglichkeiten, diese zu nachzuweisen, der Test ist aber nicht zerstörungsfrei. Unbekannt scheint auch zu sein, unter welchen Bedingungen welche Phosphorkonzentrationen nötig sind, um den "Black Pad Defect" herbeizuführen. Die Vermeidung des ProblemsGanz ausschließen läßt sich das Risiko nicht, außer man verwendet eine andere Oberflächenbehandlung. Einige große Hersteller bieten Alternativen an, deren geringere Verbreitung beinhaltet möglicherweise Risiken, die heute noch nicht bekannt sind. Fachleute sind sich nicht einig, was der ursächliche Grund des Defektes ist. Mit Sicherheit kann das Risiko aber durch korrekte Wartung der Bäder auf ein Minimum reduziert werden. Unter anderem wurde berichtet, dass Bäder, die über einen längeren Zeitraum unbenutzt waren, zum "Umkippen" neigen. Insbesondere können beigemengte Additive ihre Wirkung verlieren. Rechtliche FragenEine mißlungene Leiterplattenproduktion kann für sich zu erheblichen finanziellen Belastungen aller beteiligten Unternehmen führen. Im Falle des "Black Pad" Problems verschärft sich die Situation durch den Umstand, dass Defekte frühestens erkannt werden, wenn die Leiterplatte bereits mit den teuren Bauteilen bestückt ist. Zu oft wird der Fehler noch später oder erstmal garnicht entdeckt, da die Lötstellen in der Regel keine Anomalien zeigen und das Board korrekt funktioniert. Erst bei thermischen und mechanischen Belastungen kann es irgendwann zum Brechen von Verbindungen kommen. Sowohl für uns als auch unseren Leiterplattenhersteller ist die Situation neu. Wir warten gespannt auf die Reaktion der Versicherungen. Obwohl die Boards getestet wurden und einwandfrei funktionieren, besteht die Möglichkeit eines Ausfalls. Unseren Kunden werden wir anbieten, die Boards zurückzugeben und empfehlen, diese nicht in der Produktion zu verwenden. LinksJennifer Badzung informierte mich freundlicherweise über zwei Veröffentlichungen in deutscher Sprache. Sie empfiehlt außerdem das Analytiklabor Dr. Deger in Possendorf.
[1] Dr. W. J. Maiwald
[2] Sonderdruck der Zeitschrift
Plus
Heft 5+6 2003 Alle nachfolgend aufgeführten Dokumente sind in englischer Sprache.
[3] Mike Walsh
[4] BabHui Lee
[5] Robert F. Champaign, Jodi A. Roepsch and Marlin R. Downey
[6] Nicholas Biunno
[7] Wade E. McFaddin Kontakt
Gerne veröffentlichen wir auf dieser Seite weitere Informationen und Links
zu dem Thema. Email: harald.kipp
at
egnite.de. |